Wir sind wieder einmal am Eisfjord in Ilulissat, ein paar hundert Kilometer nördlich des Polarkreises. Es ist mittlerweile das dritte Mal innerhalb weniger Tage, dass wir den Weg vom Icefjord Center hinunter zu den langsam vorbei ziehenden Eisbergen im Fjord wandern. Das dritte Mal laufen wir durch die Ansammlung von Schlittenhunden, die am Rand von Ilulissat übersommern und vermutlich schon den Winter herbei sehnen. Manche der kleinen Welpen haben sich im Laufe der letzten Tage schon sichtbar weiter entwickelt. Und eigentlich wollten wir schon ganz woanders sein. Doch wir haben lernen müssen, wie abgelegen man hier in Grönland ist und wie sehr man auf Hubschrauber, Flugzeuge oder Schiffe angewiesen ist. Und wenn diese nicht fliegen können, muss man spontan umplanen. Oder redundant geplant haben.
Planmäßig sollten wir jetzt eigentlich in Uummannaq sein, einer kleinen Insel noch ein paar hundert Kilometer weiter nördlich, mit einem robben-herzförmigen Berg in der Mitte, eingebettet in eine grandiose Landschaft mit ein paar schwimmenden Eisbergen rund um die Insel. Zumindest haben uns das Reiseberichte und Fotos von dort erzählt. Doch der Hubschrauber konnte kurzfristig nicht fliegen.
Und so hat uns Grönland einmal mehr gezeigt, wie schnell sich hier die Dinge ändern können und welche spontanen Auswirkungen sich dabei ergeben. So bleiben wir nun zwei weitere Tage in Ilulissat und machen das Beste aus der Situation. Es sollte auch nicht die letzte Planänderung unserer Grönlandreise bleiben.
Reiseziele

Grönland / Dänemark
Gesamte Dauer

19 Tage
Gesamte Strecke

0 km
Reisezeit

Juli 2025
Der Eisfjord südlich von Ilulissat ist ein knapp 60 km langer Fjord, an dessen hinterem Ende das grönländische Inlandeis in einem breiten Gletscherarm in’s Wasser gleitet und dabei große, kleine und gigantische Eisberge abbrechen. Am anderen Ende des Fjords, dort, wo er in’s offene Meer fließt und wir gerade sind, stauen sich die Eisberge durch die besondere Geologie des Fjords, bevor sie in’s offene Meer hinaus gleiten. Eine faszinierende Szenerie. Es ist heute so gut wie windstill. Manchmal hört man das Knacken durch abbrechendes Eis. Die Sonne blinzelt ab und zu durch die Wolken und fällt glitzernd auf die Eisblöcke.
Und auf einmal hören wir es wieder, dieses charakteristische Pusten, Schnaufen, oder wie immer man es auch bezeichnen will. Und da taucht er auf, zwischen den Eisbergen. Zuerst der Rücken, dann die riesige Schwanzflosse. Und da sind noch mehrere Buckelwale. Sie geben Laute von sich, scheinen miteinander zu kommunizieren. Ein beeindruckender Moment. Grönland kann auch ganz schön überraschend sein.
Unsere Highlights
- Ganz klar Nummer eins: Die Eisberge in unterschiedlichen Lichtstimmungen, Formen und Farben
- Knapp gefolgt von den Walbeobachtungen. Egal ob von einem kleinen Boot aus, vom Ufer zwischen Eisbergen, oder auf hoher See. Es war jedes Mal ein Erlebnis.
- Der Hubschrauber-Flug zum hinteren Ende des Eisfjords mit Blick auf das Grönländische Inlandeis. Wir haben uns selten so klein und unbedeutend gefühlt.
- Die Fahrt mit dem Küstenschiff Sarfaq Ittuk entlang der Westküste Grönlands, vorbei an Gletschern und abgelegenen Siedlungen.
Neben diesen Höhepunkten gibt es auch noch eine Liste von Aktivitäten und Trips, die wir aus diversen Gründen nicht unternehmen konnten und welche wir bei der nächsten Grönlandreise unbedingt nachholen wollen. Aber dazu mehr am Ende des Artikels.
Aber erst einmal von vorne
Es war vermutlich unsere Reise mit der bisher ausführlichsten und komplexesten Vorbereitung (und hat damit unsere Japan-Reise vom Thron gestoßen). Wann ist die beste Reisezeit? Welche Touren will man machen? Wie bekommen wir das zeitlich koordiniert. Und vor allem: Wie und wann kommen wir von A nach B? Und wo brauchen wir einen doppelten Boden. Denn wie in der Einleitung schon geschrieben: Wir haben nicht immer B erreicht und sind statt dessen länger als geplant in A geblieben.
Nuuk: Die Hauptstadt Grönlands
Unser Flug ging von Kopenhagen direkt zum neuen internationalen Flughafen in Nuuk. Dieser wurde erst vor wenigen Monaten eröffnet und ersetzt somit den ehemaligen Flughafen von Kangerlussuaq. Die Flugroute an sich ist schon beeindruckend. Man streift Norwegens Südküste, fliegt dann nördlich der Shetland-Inseln, danach kommen die Faröer Inseln in der Ferne, Island wird direkt überflogen. Und als wir über die Ostküste von Grönland fliegen, hat die Wolkendecke ein paar Löcher für uns und wir konnten schon von weit oben die ersten Eisberge im Meer treiben sehen.
Anstatt nun direkt nach Ilulissat weiter zu fliegen haben wir eine Übernachtung als Zwischenstopp in Nuuk gemacht und so die Hauptstadt Grönlands auch ein wenig erleben können. Wir haben uns eine lokale SIM-Karte besorgt (die uns in den nächsten Tagen gute Dients erweisen sollte) und haben uns schon ein bisschen auf Grönland eingestimmt. Im Zentrum von Nuuk findet man eher pragmatische Bauten. Ein schönes Kulturzentrum, eine kleine Shopping Mall und auch ein paar Wohnblöcke aus den 70er und 80er Jahre. In einer kleinen Bucht liegen die Häuser der ursprünglichen Siedlung, als hier von Hans Egede 1728 die Kolonie Godthåb, das heutige Nuuk gegründet wurde. Und am Stadtrand werden gerade neue, moderne Wohnblöcke hochgezogen. Nuuk soll weiter wachsen.
Um ein bisschen Puffer für die Rückreise zu haben, hatten wir vor dem Rückflug nach Kopenhagen ebenfalls wieder eine Nacht hier eingeplant (aus der dann durch eine Änderung des Schiffsplans zwei Nächte geworden sind). Zuviel Zeit wollten wir hier allerdings nicht verbringen, weswegen wir direkt am nächsten Tag weiter geflogen sind.
Ilulissat: Eisberge, Wale und das grönländische Wetter
Am nächsten Morgen ging es mit einer kleineren Maschine auf den Inlandsflug nach Ilulissat. Das Wetter meinte es gut mit uns und wir konnten immer mal wieder durch die Wolken die grönländische Küste erblicken. Kurz vor Ilulissat haben wir den Eisfjord überquert und konnten zum ersten Mal einen Blick auf die Eismassen werfen.
Unsere Eindrücke und Erlebnisse in Ilulissat adäquat in einem kurzem Abschnitt zu vermitteln ist ein Ding der Unmöglichkeit. Geplant war Ilulissat, der Ort an den man reist, wenn man “noch” Eisberge sehen will, als eine Art Base Camp um von dort aus kurze Trips mit Übernachtungen zu unternehmen. Und natürlich auch, und das zu aller erst, um die Eisberge des Eisfjords zu bestaunen, wie sie dann majestätisch mit der Meeresströmung langsam nach Norden treiben.
Eisberge haben wir unzählige gesehen. Von den Abstechern, welche wir von Ilulissat geplant hatten, ist dann letztendlich nicht mehr viel übrig geblieben. Die Überfahrt zur Disko Insel haben wir bereits kurz vor Reiseantritt selber storniert. Für eine Übernachtung waren uns die knapp 80 km Schifffahrt dann doch zu zeitaufwändig. Und bei den spontanen Wetterumschwüngen waren wir uns auch nicht sicher, ob wir rechtzeitig wieder zurück nach Ilulissat kommen. Rechtzeitig, um dann einen Tag später weiter nach Uummannaq zu fliegen. Allerdings war der Hubschrauber für das letzte Stück bis auf die Insel an unserem Abflugtag nicht verfügbar. Gut, dass wir die Unterkunft in Ilulissat, unser Base Camp, für die ganze Zeitdauer durchgebucht hatten. So war es zwar mehr als schade, dass der Trip nach Uummannaq ausgefallen ist, aber wir hatten immerhin ein Dach über dem Kopf. Und wir hatten ja noch als nächsten Stop unserer Reise Assiaat eingeplant, wo wir auf das Küstenschiff Sarfaq Ittuk gehen wollten um die Küste nach Süden entlang zu fahren bis zur Hauptstadt Nuuk. Den Flug von Ilulissat nach Aasiaat hatten wir schon gebucht gehabt. Er ist dann allerdings spontan im dichten Nebel von Ilulissat versunken und konnte nicht mehr durchgeführt werden, da an dem Tag jegliche Starts und Landungen aufgrund der stark eingeschränkten Sicht nicht möglich waren.
Trotz der spontan eingetretenen Unwägbarkeiten gab es aber noch zahlreiche positive Eindrücke, die wir von diesem wunderbaren Ort mitgenommen haben. Wir hatten genügend Zeit, um Ilulissat und die Umgebung ausgiebig zu erkunden. Wir hatten umso mehr Zeit, als in dieser Jahreszeit die Sonne in Ilulissat nie untergeht. Die Landschaft wirkt im warmen Licht der Mitternachtssonne noch viel spannender. Und als wir den ersten richtig großen Eisberg in der Ferne erkennen konnten, das war noch auf dem Weg vom Flughafen in den Ort, lief uns schon kurz ein eisiger Schauer über den Rücken, ein klein wenig Gänsehaut. Und das lag nicht an den eisigen Temperaturen.
In den Tagen hier in Ilulissat haben wir den Eisfjord in unterschiedlichen Lichtstimmungen erleben können, von dichtem Nebel bis zu strahlendem Sonnenschein. Haben mehrmals Wale beobachten können, vom Boot und vom Ufer aus. Das beeindruckendste war sicherlich eine kleine Gruppe von Walen, die sich zwischen den Eisbergen getümmelt haben. Und weil wir soviel Zeit hatten, haben wir noch einen Hubschrauberflug zum hinteren Ende des Eisfjords gemacht. Dorthin, wo das grönländische Inlandeis in den Fjord gleitet. Ganz besonders waren auch die abendlichen Schifffahrten zwischen den Eisbergen im warmen Licht der Mitternachtssonne. Ein kleiner Trip hat dann doch noch stattfinden können: Ilimanaq, eine kleine Siedlung auf der südlichen Seite des Eisfjords konnten wir für einen Nachmittag besuchen. Und so sehr wir auch gerne die Abwechslung mit Uummannaq, Aasiaat und Disko Island erlebt hätten: Es hat unsere Zeit in Ilulissat auch ein wenig entschleunigt.
Flug zum Sermeq Kujalleq
Walbeobachtungen
Ilulissat
Mitternachtssonne
Ilimanaq
Sarfaq Ittuk: Mit dem Küstenschiff die Westküste gen Süden
Nachdem der Nebel in Ilulissat die Weiterreise mit dem Flugzeug erst einmal unmöglich gemacht hat, haben wir uns spontan ein Bunk Bed auf dem Küstenschiff Sarfaq Ittuk gebucht und sind bereits in Ilulissat an Bord gegangen. Und nicht, wie ursprünglich geplant, in Aasiaat. Ilulissat und die Küste lagen zu dem Zeitpunkt immer noch im dichten Nebel und die Fahrt durch den Nebel vor dem Eisfjord hatte manchmal fast etwas beklemmendes. Das Schiff hat seine Geschwindigkeit spürbar reduziert und immer wieder hörte man das Knacken von kleinen Eisblöcken am Schiffsrumpf. Man fühlte sich unweigerlich etwas an die Titanic erinnert. Wohl wissend, dass die Sarfaq Ittuk regelmäßig unter solchen, oder noch schlimmeren, Bedingungen unterwegs ist und als Eisbrecher konzipiert wurde. Es wird übrigens als sehr wahrscheinlich angesehen, dass der Eisberg, welchen die Titanic gerammt hat, aus dem Eisfjord stammte.
Sobald sich der Nebel gelichtet hatte, breitete sich die grandiose Landschaft der grönländischen Küste vor uns aus. Aasiaat hat sich dabei noch etwas im Nebel bedeckt gehalten, Sisimiut hingegen lag schön vor der Kullisse der Berge da. Wir hatten hier ein wenig Zeit um von Bord zu gehen und die zweitgrößte Stadt Grönlands etwas zu erkunden. Die Fahrt mit der Sarfaq Ittuk war insgesamt extrem kurzweilig. Es gab immer etwas zu sehen. Abgelegene Siedlungen, vorbei ziehende Wale, Gletscher, die fast bis ans Meer heran reichten. So vergingen die beiden Tage auf dem Schiff wie im Flug und ehe wir uns versehen konnten, sind wir wieder zurück in Nuuk gewesen.
Kopenhagen: Entspannung pur
Auf dem Rückflug von Nuuk nach Kopenhagen zeigte sich Grönland nochmals von seiner sonnigen Seite. So konnten wir die verästelten Arme des Fjordsystems östlich von Nuuk schön von oben betrachten. Das dunkle blau des Fjords war übersät von weißen Punkten, kleinere Eisberge oder Eisschollen, die am hinteren Ende des Fjords von einem Gletscher abgebrochen waren. Man spricht auch, wenig überraschend, vom Nuuk Eisfjord.
Die letzten Tage der Reise haben wir dann in Kopenhagen verbracht. Um die Eindrücke der letzten Wochen zu verarbeiten, und um einfach noch eine entspannte Zeit in dieser Stadt zu verbringen bevor wir wieder zurück nach Hause fliegen.
Die Bucketlist für’s nächste Mal
Die Liste dessen, was wir bei der nächsten Grönlandreise nachholen wollen, ist erwartungsgemäß etwas länger geworden als ursprünglich geplant.
- Die Reise nach Uummannaq wollen wir auf jeden Fall nochmals versuchen
- Die kleine Siedlung Oqaatsut, 20 km nördlich von Ilulissat, bietet ein leckeres Restaurant und, was uns mehr reizt, den Ausgangspunkt für eine Wanderung zurück nach Ilulissat
- Die Vulkan Insel Disko Island wollen wir nochmals in den Reiseplan mit aufnehmen, dann aber mit etwas mehr zeitlichem Puffer
- Assiaat, dann ohne Nebel
- Und im Nuuk Icefjord gibt es noch eine Wanderung in Kapisillit, bei der man dem Eis recht nahe kommen soll
Und das ganze am Besten kombiniert mit den Westfjorden auf Island.
Was von dieser Reise bleiben wird
Zahlreiche Eindrücke von Eisbergen und Walen. Die Erkenntnis, dass man nicht immer alles im Griff haben kann und es manchmal einfach keinen Plan B gibt. Wenn Plan A nicht funktioniert, funktioniert er eben nicht. Spannende Unterhaltungen mit interessanten Menschen. Lange Spaziergänge unter der Mitternachtssonne. Und das gute Gefühl, Grönland vielleicht noch zu einer Zeit gesehen zu haben, bevor es einen ähnlichen Weg einschlägt wie Island.