Einen Jahresrückblick schreibt man klassischerweise ja eher schon gegen Ende des aktuellen Jahres. Unsere Jahresrückblicke mit den Reisen der vergangenen Jahre hatten wir bisher immer pünktlich im März des Folgejahres fertig. Was häufig auch daran lag, dass im neuen Jahr die ersten Reisen nicht lange auf sich warten ließen. Nicht so in diesem Jahr. Und so schaffen wir in den Zeiten des Lockdowns unseren kleinen kompakten Rückblick auf die Reisen des letzten Jahres schon im Januar.
Über die besonderen Bedingungen des Jahres 2020 sind schon genügend Worte geschrieben und gesagt worden. Wir haben durch die Rahmenbedingungen des letzten Jahres, was das Reisen angeht, anschaulich erleben können, was uns die ganzen letzten Jahre auf unseren Reisen immer mal wieder durch den Kopf gegangen ist. Es gibt auf der Welt unzählige beeindruckende Orte die man bereisen kann und auch bereisen sollte. Mit beeindruckenden Landschaften, spannenden Metropolen und damit verbunden einzigartigen Erlebnissen. Aber wenn man sich bei all den Ländern und Städten rund um den Globus überlegt, wo man wirklich für längere Zeit leben wöllte, reduziert sich die Auswahl schon sehr stark. Wir hätten dieses Jahr eine der Gegenden bereisen wollen, die sicherlich in einer solchen Auswahl auftauchen würde: Vancouver und der Westen Kanadas. Der Flug war gebucht, die Unterkünfte fein säuberlich ausgewählt, die Vorfreude riesengroß. Und dann … Nun ja, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Aber zurück zu der Frage, wo man sich wirklich vorstellen könnte, zu leben. Wenn man sich nun vor Augen hält, in welcher privilegierten, abwechslungsreichen, vielfältigen Gegend wir hier in Mitteleuropa leben dürfen, was die Länder und Regionen um uns herum zu bieten haben, an Geschichte, an Landschaften und an Menschen und das ja alles auf relativ kompaktem Raum. Dann kann man schon mal an den vielleicht etwas spießig anmutenden Spruch denken: zu Hause ist’s doch am schönsten.
Und dieses zu Hause (wobei „zu Hause“ und auch „Heimat“ ja immer auch sehr subjektive, dehnbare und geografisch nicht immer eindeutig zu bestimmende Begriffe sind) konnten wir im letzten Jahr von ein paar seiner schönsten Seiten erleben. Das Jahr begann mit dem vorerst letzten unbeschwerten Städtetrip nach Antwerpen. Gefolgt von Lockdown, Teil 1 und den Überlegungen, wie man unter Covid-Bedingungen nach dem Ende des Lockdowns wieder verreisen kann. Und wir wechselten in einen Reisemodus, den wir schon lange auf dem Schirm hatten, der aber nie so richtig gepasst hat und von dem wir im Nachhinein ziemlich begeistert sind: ein Roadtrip mit dem Campervan. Das Reiseziel: Deutschland.
Anfang Herbst stand dann noch die zweite Auslandsreise des Jahres an. Es ging in die Schweiz, genauer gesagt nach Andermatt. Wandern und Passstraßen standen auf dem Programm. Kurz vor dem zweiten Lockdown des Jahres nutzten wir die Gelegenheit nochmals für ein paar Tage an der Ostsee. Dieses mal hatten wir uns die Küste zwischen Rostock und Rügen vorgenommen.
Und dazwischen, in der Zeit in der an Reisen nicht wirklich zu denken war, weil die Grenzen dicht waren und sogar Österreich schon unerreichbar schien, haben wir uns ruhige Ecken im Allgäu zum Wandern ausgesucht und nachts ferne Ziele anvisiert: Den Kometen Neowise und die Milchstraße mit all Ihren Sternen und Planeten.
Antwerpen – Städtetrip in die belgische Diamantenstadt
Unsere erste Reise des Jahres führte uns nach Antwerpen. Der Architektur wegen, weil Belgien für Reisen ein sehr entspanntes Land ist und weil wir’s auf unseren bisherigen Belgien-Trips noch nicht nach Antwerpen geschafft hatten. Es war eisg kalt und windig und auf vielen Plätzen waren noch Weihnachtsmärkte aufgebaut. Wir hatten ein Hotel im Diamantviertel, in der Nähe des Hauptbahnhofs, was auch schon eines der architektonischen Highlights der Stadt ist. Die Verbindung vom historischen Bahnhofsgebäude mit den modernen Bahnsteigen wurde dort auf beeindruckende Art und Weise umgesetzt. In unserem Hotelzimmer hatten wir auch eine komplette Wand tapeziert mit der Bahnhofshalle. Das hat perfekt gepasst. Das Museum an de Stroom und das Hafenhuis der Architektin Zaha Hadid sind weitere architektonische Perlen. Und in der Innenstadt rund um den Grote Markt wieder die filigrane Architektur, wie sie auch in anderen belgischen Städten wie Brügge oder Ghent zu finden ist.
Auf dem Weg zurück nach Deutschland haben wir noch einen kurzen Stop in Lier eingelegt. Der Beginenhof dort ist wunderschön und auch die kleinen Gassen rund um den zentralen Marktplatz sind echt gemütlich und haben diesen typischen belgischen Charme.
Es sollte für’s Erste die letzte unbeschwerte Reise werden. Corona war zu diesem Zeitpunkt erst in China ein Thema. Aber wir haben uns schon damals überlegt, ob wir noch weitere Flüge für Trips im Frühling oder Sommer buchen sollten. Wir haben es nicht gemacht und statt dessen unseren nächsten Urlaub in einem für uns neuen Modus verbracht.
Eine ausführliche Beschreibung unserer Tage in Antwerpen könnt ihr hier nachlesen.
Deutschland – Roadtrip durch die Heimat
Als wir im Frühjahr in den Bergen unterwegs waren, haben wir uns Gedanken gemacht, wie Urlaub im Jahr 2020 aussehen kann. Was wir schon immer einmal ausprobieren wollten, war ein Roadtrip im Campervan. Weder in Neuseeland, in den USA noch sonstwo auf der Welt haben wir’s „gewagt“. Mit einer Körpergröße von knapp 2m ist ein Camper auch nicht unbedingt die bevorzugte Unterkunft, in der man einen vierwöchigen Roadtrip verbringen will. Aber dieses Jahr ist ja so vieles anders. Der Entschluss es zu probieren war schnell gefasst und zu Hause machten wir uns auf die Suche nach einem passenden Campervan. Wir waren zum Glück mit unserer Idee noch früh genug dran, bevor sich der Hype um Wohnmobile und Campervans so richtig entwickelte. So haben wir für unseren gewünschten Zeitraum noch ein schickes zu Hause auf Rädern gefunden. Und um’s gleich vorweg zu nehmen: Es war so cool… und wir wollten ihn am Ende des Urlaubs am liebsten gar nicht mehr zurück geben
Unsere Reise führte uns zuerst für ein paar Tage in’s Altmühltal. Das war so etwas wie der Beta-Test, ob wir uns die nächsten Wochen wohl fühlen werden. Der Test war schnell positiv beendet und so ging es weiter gen Norden. Also, den deutschen Norden. Wir wollten Ziele anfahren, die vielleicht nicht immer ganz oben auf der Liste stehen, die ein wenig abseits liegen und somit nicht so sehr überlaufen sind.
So sind wir auf dem Weg an die Ostsee in Brandenburg an der Havel vorbei gekommen, haben Rügen und Usedom rechts liegen lassen und sind statt dessen nach Wismar und auf die Insel Poel. Nach einigen Tagen an der Ostsee zog es uns gen Westen an die Nordsee in die Gegend um Husum. Wir haben viele schöne Orte besucht, so wie Friedrichstadt, die Hamburger Hallig oder den Leuchtturm Wetserheversand. Aber am meisten sind uns die Abende in Erinnerung geblieben, in denen wir oben auf dem Deich gesessen sind, den Schafen beim Grasen und der Sonne beim untergehen zugesehen haben und relativ planlos in den Tag hinein gelebt haben
Jede Reise geht irgendwann zu Ende. Und so sind wir nach ein paar Tagen auf dem grünen Deich wieder auf die Autobahn Richtung Süden, haben im Harz noch ein paar Tage verbracht und mit einem kurzen Abstecher an den Bodensee unseren Campervan wieder abgegeben. Bis zum nächsten Mal.
Unsere Erlebnisse auf dem Roadtrip durch die Heimat findet ihr in dieser Übersicht.
Andermatt – Schweizer Passstraßen
Es folgte eine längere Zeit des Nicht-Reisens, in der wir viele Tage in den Bergen vor unserer Haustür verbracht haben. Bis es uns wieder in’s Ausland zog. Unsere zweite Auslandsreise in diesem Jahr. Es ging in die Schweiz. Genauer, mitten hinein in die Schweiz, nach Andermatt. Rund um Andermatt gibt es zahlreiche Passstraßen mit zahllosen Kurven. Und so wurde der Trip nach Andermatt trotz der kurzen Dauer von nur einigen Tagen vermutlich derjenige mit den meisten gefahrenen Höhenmetern. Die bekannteren Alpenpässe rund um Andermatt sind sicherlich der Furkapass und der Gotthardpass. Wobei der Reiz des Gotthardpasses im Besonderen an der gepflasterten historischen Passstraße Tremola liegt. Grimselpass und vor allem der Nufenenpass sind weniger befahren als die ersten beiden, aber nicht weniger reizvoll.
Unser Favorit war jedoch der Sustenpass. Seine Besonderheit: Er wurde nicht primär für den Transport angelegt, also um von einem Tal in ein anderes zu kommen, sondern relativ spät erst als Touristenstraße. Und man meint dies auch zu spüren, wenn man ihn befährt. Der Straßenbelag ist etwas besser, die Kurven sind etwas flüssiger und die Aussicht oben von der Passhöhe auf den kleinen Steinsee mit den dahinter liegenden schneebedeckten Bergen war ein besonderes Erlebnis. Vor allem an einem nebligen Sonntag morgen, als nur ein paar wenige Autos unterwegs waren konnten wir die Fahrt wunderbar genießen und flüssig um die Kurven flitzen. Wenn man am Ende des Jahres zurück blickt und sich überlegt, welches die schönste Strecke war, die wir gefahren sind, dann war das 2020 sicherlich der neblige Sustenpass.
Mehr zum Sustenpass und den anderen kurvigen Straßen rund um Andermatt findet ihr auf diesen Seiten.
Ostsee – Entspannte Tage im Fischland
Nachdem wir in den ganzen Jahren unseres Reisens nie wirklich an der Ostsee gewesen sind, arbeiteten wir in 2020 so gut es ging an diesem Defizit. Die letzte Woche vor dem Lockdown im Herbst wollten wir nochmals für ein paar Tage Tapetenwechsel nutzen und fuhren zum zweiten Mal in diesem Jahr an die Ostsee. Mit einem Appartment in der Nähe von Zingst konnten wir ausgiebig das Darßer Fischland erkunden mit seinen wilden Stränden und den ausgedehnten Wäldern. Vor allem der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft hat es uns dabei angetan.
Aber auch Rostock im Westen oder Rügen im Osten waren gut in einem Tagesausflug zu erreichen. Die Kreidefelsen auf Rügen und die rot-gelbe Herbstlaubfärbung der Buchen im Nationalpark Jasmund haben dabei besonders schöne Bilder abgegeben.
Milchstraße – Ferne Galaxien in sternenklaren Nächten
Auf unseren Reisen haben wir uns schon öfters nachts den Sternenhimmel angesehen. Egal ob in der Wüste Utahs oder auf den Lofoten im Winter, es waren meistens unvergleichliche Nächte, die uns in Erinnerung geblieben sind. Vor allem die Nächte mit den Polarlichtern werden wir nie mehr vergessen. Aber in Deutschland waren wir zugegebenermaßen Nachts noch selten unterwegs. Dabei gibt es auch hier einen echt lohnenden Sternenhimmel, mit der Milchstraße, unseren Planeten und manchmal sogar einem Kometen.
Den finalen Anstoß nachts öfters raus zu gehen in die Natur kam dann auch durch den Kometen Neowise. Haben wir diesen noch kurz vor unserer Haustür fotografieren können sind wir in den Monaten darauf immer mal wieder nachts Richtung Allgäu in die Berge gefahren, wo die Luft klarer und der Himmel dunkler ist. Haben nach schönen Plätzen Ausschau gehalten, sind den Wolken davon gefahren und haben die Einsamkeit und die Ruhe genossen, die man tagsüber nur noch selten findet. Im neuen Jahr werden es dann hoffentlich noch viel mehr Nächte wie diese geben.
Allgäu – Die Berge vor der Haustür
Und nachdem das Allgäu nicht nur nachts ein lohnenswertes Ziel ist, haben wir auch einige Tage dort beim Wandern verbracht. Nachdem die Allgäuer Berge in diesem Sommer sicherlich kein Geheimtipp waren, haben wir uns auf die Suche nach ruhigeren Pfaden gemacht. Und wir haben einige davon gefunden, in der Gegend um Oberstaufen und auch rund um Bad Hindelang gibt es noch die eine oder andere Wanderung, die nicht überlaufen ist und trotzdem landschaftlich einiges zu bieten hat.
Selbst die Königsschlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau konnten wir auf einer Wanderung um den Alpsee und hoch zur Marienbrücke in seltsamer Entspanntheit erleben
Und jetzt, Anfang 2021, haben wir noch nichts gebucht. Kein Hotel, keinen Mietwagen und erst recht keinen Flug. Ende 2019 hatten wir eine Phase, in der wir keinen nächsten Flug gebucht hatten. Damals haben wir noch gewitzelt, dass es sich anfühlt wie in einem Vakuum, wenn man nicht schon das nächste Flugticket im Posteingang hat und sich nicht schon auf den nächsten Flug freuen kann. Nun ja, Zeiten ändern sich.
Aber: In diesen Zeiten freut man sich dafür dann umso mehr, wenn man mal wieder einen Flug gebucht haben wird. Wir sind gespannt, was 2021 noch so bringen wird.