Mit der Zeit entwickelt man ein gewisses Gespür für die Nuancen von Regen. Starkregen, Sprühregen, leichtes Tröpfeln, leichter Sprühregen, starker Sprühregen, leichter Sprühregen der durch starke Windböen noch weiter verfeinert wird … Es gibt bei genauerer Betrachtung so viele unterschiedliche Arten von Regen und in Kombination mit unterschiedlichen Windstärken erweitern sich die Facetten noch um ein Vielfaches.
Nun ja, man sieht schon, Regen (in Kombination mit Wind) ist aktuell eines der bestimmenden Themen. Heute Nacht sind wir auch immer mal wieder vom prasselnden Regen aufgewacht. Auch beim Aufstehen sieht es noch nicht besser aus. Regen, tief hängende Wolken. Aber immerhin: Kein Wind.
Wir fahren mal los. Heute geht es über den Haastpass Richtung Westküste (nebenbei bemerkt eine der regenreichsten Regionen Neuseelands, da die von der Tasman-See kommenden Winde die Wolken direkt in die Berge an der Küste treiben und die dort gleich abregnen).
Dort soll das Wetter gestern und heute Nacht auch besonders schlimm gewesen sein. Es sind wohl einige Wanderwege wegen Überflutung gesperrt. Die freundlichen Damen vom DOC Visitor Center empfehlen uns deswegen gute Regenkleidung und Wasserfälle statt Wandertouren.
Hier erfahren wir auch, dass man den Fox Gletscher wohl gar nicht sehen kann. Dank dem harten Winter gab es wohl einige Erdrutsche und dementsprechend sind noch alle Wege gesperrt (was leider vorab online nicht ersichtlich war).
Auf der Fahrt zum Haast Pass kommen wir an überachwemmten Feldern vorbei. Flüsse sind über die Ufer getreten, überall kommen Wasserfälle die Berghänge herunter. Die Wolken hängen tief. Ein bisschen Weltuntergangsstimmung. Irgendwie aber auch schön. Das kontinuierliche Prasseln des Regens auf das Autodach, es sind kaum Menschen unterwegs. Der ein oder andere Reisebus oder Camper.
Schafe und Kühe suchen Schutz unter Bäumen und Büschen. Manche stehen stoisch auf den Wiesen und tun das was sie immer tun: Kauen.
Wir fahren in den Mount Aspiring Nationalpark. Die „Blue Pools“ sind heute so gar nicht blau. Der Wasserlauf steht normalerweise und hat eine tiefblaue Farbe. Durch den vielen Regen hat es weiter oben Schotter und Steine gelöst, die nun erst einmal wieder abtransportiert werden müssen, um nach und nach die blaue Farbe zu erhalten. Heute ist der Wasserlauf auch eher ein reißender Bach, der in einem deutlichen über die Ufer getreten Fluss mündet.
Weiter den Haastpass entlang kommen verschiedene Wasserfälle, die wir uns heute natürlich ansehen.
Zunächst der Fantail Wasserfall. Langsam lässt der Regen nach. (Das ist heute wieder ein guter Test für unsere Regenjacken…).
Kurze Fahrtzeit später der Thunder Creek Wasserfall, der tosend auf einem Felsvorsprung aufkommt und von dort in den Fluss fließt.
Zum „Roaring Billy“ Wasserfall führt ein kurzer Weg durch einen verwunschenen Wald aus Farnen. Umgestürzte Bäume und Moose verbreiten eine besondere Stimmung. Überall tiefe Pfützen auf dem Weg und auch die Bäume haben „nasse Füße“. Einige Besucher nehmen es pragmatisch und packen die Badeschlappen aus. Dann werden die Schuhe nicht nass. Andere freuen sich an ihren wasserdichten Wanderschuhen.
Auf der Weiterfahrt sehen wir überall kleinere und größere Wasserfälle die Hänge herab stürzen. Der Fluss, der sich entlang der Straße durch das Tal schlängelt ist komplett über sein Ufer getreten, nur gut das hier genügend Platz ist für ein breites Flussbett ist (anfangs haben wir uns noch gefragt, warum so kleine Flüsschen ein Flussbett von zum Teil weit über 100m breite haben … Jetzt wissen wir’s).
Vorbei an dem kleinen Ort Haast fahren wir an der Küste nordwärts. Die Gegend zählt zu den abgelegensten Regionen Neuseelands. Handy Empfang gibt es nur an bestimmten Stellen entlang der Straße (die dann auch schon Kilometer davor auf Straßenschildern angekündigt werden).
Die Küste ist rauh, mit einigen Buchten und Aussichtspunkten. Wo die Straße dem Meer zu nahe kommt haben die Wellen der Tasman-See an der Uferstraße genagt.
In der Region um Haast findet man Regenwälder, Meeresküsten und Gletscher. Diese Vielfalt und die Abgeschiedenheit haben sie zum UNESCO Welterbe gemacht.
Nach kurzen sonnigen Abschnitten am Meer sind wir nun wieder in’s Landesinnere gefahren und, oh Wunder, es regnet wieder und tiefe Wolken ziehen vom Meer rein. Wir sind mittlerweile im Westland Nationalpark angekommen. Unser heutiges Ziel, die Gletscher, verbergen sich hinter einer dicken Wand aus Wolken. Wir sind gespannt, ob sich diese noch rechtzeitig auflösen wird.