Ein sonniger Freitag Abend. Wir sitzen auf einer Bank irgendwo oberhalb von Immenstadt. Schauen hinunter in’s Tal, der Alpsee glitzert dunkelblau in der tief stehenden Sonne. Montags waren wir noch in Holland, unterwegs zwischen Tulpenfeldern und Windmühlen. Jetzt nutzen wir das schöne Wetter noch für eine kurze Tour in die Berge. Der Frühling setzt sich so langsam gegen die kalten Tage durch. Im Allgäu die Zeit, in der die Krokusse zu blühen beginnen. Der Hündlekopf bei Oberstaufen ist bekannt für seine Wiesen voll mit weißem und lila-farbenen Krokussen. Dafür ist es heute schon ein wenig zu spät, diese Wanderung nehmen wir uns für morgen vor. Aber für eine kleine Tour am Immenstädter Horn blieb uns immer noch genügend Zeit. Also, schnell die Wanderschuhe angezogen und los.
Am Immenstädter Horn
Die meisten Wanderer kommen uns entgegen, als wir den Berg hoch laufen. Die Almen haben schon geschlossen und so teilen wir uns den Weg nach oben nur noch mit ein paar Mountain Bikern auf ihrer Feierabendrunde. Es ist schön, diese Ruhe um den Alpsee. Der See liegt irgendwann weit unter uns. Ab und zu sehen wir ihn durch den noch lichten Wald. Die ersten zartgrünen Blätter an Bäumen und Sträuchern beginnen gerade zu sprießen. Es dauert nicht lange, dann kommen wir an den ersten Krokuswiesen vorbei. Es ist schon spät, die Bäume werfen lange Schatten. Nur die Krokusse, die nicht im Schatten liegen und noch ein wenig Sonne abbekommen sind geöffnet. Die anderen haben ihre Blütenkelche bereits für die Nacht geschlossen.
Neben den ganzen Krokussen finden wir hier oben auch noch zahlreiche Schlüsselblumen. Die eigentlich viel seltener und besonderer sind als Krokusse und deswegen auch unter Artenschutz stehen. Aber irgendwie stehlen ihnen die Krokusse zu dieser Jahreszeit die Show.
Krokusse am Hündlekopf bei Oberstaufen
Die Krokus-Wiesen am Hündlekopf sind kein richtiger Geheimtipp mehr. Das wird spätestens klar, wenn man sich den Krokus-Ticker im Internet anschaut und die Ausschilderung an der Bergstation der Hündlekopf-Bahn. So kann der Krokus-Besuch zeitlich perfekt geplant werden und schwierig zu finden sind sie auch nicht mehr.
Deswegen rechnen wir mit einigem Andrang … und sind positiv überrascht, als der Parkplatz am Beginn der Wanderung noch recht leer ist. Wir nutzen die Gunst der Stunde und machen uns auf den Weg. Zuerst im Eiltempo zum Gipfelkreuz des Hündlekopf und dann oben auf der Ebene weiter zu den Krokus-Wiesen. Die Nacht war recht kalt und die Sonne versteckt sich noch hinter Wolken, weswegen die Blütenkelche noch geschlossen sind. Die Anzahl an weißen und lila-farbenen Krokussen ist dennoch auch so schon beeindruckend. Wir wollen der Sonne und den Wolken noch ein wenig Zeit geben und laufen eine kleine Schleife zum Brotzeitstüble Schwändle. Nach einer kleinen Rast geht’s dann weiter, wieder hinauf zu den Wiesen. Es wird schon merklich wärmer (was vielleicht auch am Aufstieg liegen mag) und die Sonne kämpft sich verzweifelt durch die milchigen Wolken. So richtig sind die Krokusse zwar noch nicht aufgepoppt, aber doch schon ein wenig mehr als vorher.
Jeder von uns kennt sicherlich die Geschichte von den Bienchen und den Blümchen. Und dass es Blümchen nur deswegen gibt, weil fleißige Bienchen ihre Arbeit verrichten. Auf einer Alm mit Myriaden von Krokussen liegt es nahe, dass auch Bienchen irgendwie beteiligt sein müssen. Bienen haben wir keine gesehen, aber dafür viele fleißige Hummeln. Wenn man genau hinsieht, verrichten sie Schwerstarbeit. Die Krokusse sind so früh am Morgen und ohne wärmende Sonnenstrahlen noch ziemlich geschlossen. Nichtsdestotrotz kämpfen sich die Hummeln zum Blütenstempel vor um an den begehrenswerten Blütenstaub zu gelangen. Sie stemmen mit ihren kräftigen Beinchen die weißen und lila-farbenen Blütenblätter auseinander und stürzen sich dann kopfüber in den Krokus. An ihren Beinchen und ihrem flauschigen Fell erkennt man den Blütenstaub, den sie von anderen Blumen mitbringen. So wird sicher gestellt, dass es auch im nächsten Jahr hier wieder eine Krokusblüte geben wird.
Wir bleiben noch eine Weile auf der Alm in der Hoffnung, die Sonne bricht noch durch die Wolkendecke, es wärmer wird und die Krokusse sich noch ein wenig weiter öffnen. Sobald es etwas heller wird und wir einen ganz leichten Schatten werfen, kommt leider gleich wieder die nächste dickere Wolke, welche sich vor die Sonne schiebt. So machen wir uns nach einer Weile auf den Weg zurück und sind froh, dieses Jahr zur richtigen Zeit hier gewesen zu sein. Im letzten Jahr waren wir knapp zu spät dran, damals haben wir nur noch ein paar vereinzelte Krokusse gesehen und haben uns noch gefragt, warum die Krokusblüte am Hündlekopf so „berühmt“ ist. Jetzt wissen wir’s. Und vielleicht klappt’s ja im nächsten Jahr bei Sonnenschein. Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei.