Es ist mittlerweile Anfang Juni, das halbe Jahr 2021 ist schon fast vorüber. Wir waren viel unterwegs die letzten Monate. Haben soviel Zeit wie möglich in den Bergen verbracht. Auch als es noch Schnee hatte sind wir oft in’s Allgäu gefahren. Und nicht zu vergessen die sternklaren Nächte, die wir auf der Suche nach der Milchstraße in den Bergen verbracht haben. Aber im Urlaub sind wir bisher noch nicht gewesen. Die letzte „Reise“ liegt schon weit über ein halbes Jahr zurück.
Österreich hat gerade seine Grenzen wieder geöffnet. Große Teile sind noch als Risikogebiete eingestuft, aber mit einem negativen CoVid-Test kann man nun einreisen. Die Gelegenheit wollen wir gleich nutzen. Endlich einmal wieder ein Tapetenwechsel, raus aus der Eintönigkeit zwischen Home Office und Alltagsroutinen. Als Ziel für unsere erste große Reise (die Relationen. was „große“ Reisen so sind, verschieben sich so im Laufe einer mehrmonatigen Pandemie ein wenig) haben wir uns die „Bewegten Berge“ in Saalfelden ausgesucht. Das erst Mal waren wir dort schon vor ein paar Jahren unter gekommen. Uns gefallen die Apartmens wirklich gut, die Lage, nicht weit von Zell am See, Kaprun oder Hochkönig ist super für Wanderungen und die Besitzer sind sehr lässig und entspannt. Unsere Ziele für dieses Mal: Die Großglockner Hochalpenstraße, die Krimmler Wasserfälle und ganz viel Wandern in den Bergen rund um Saalfelden. Und so machen wir uns frühmorgens am nächsten Tag auf zu der ersten Alm.
Tag 1: Lettlkaser Alm und Segmoos Alm
Die Wanderung zur Lettlkaser Alm ist vermutlich kein Geheimtipp mehr. Die Alm liegt auf knapp 1.500m über Leogang und ist über einen schönen Waldweg, der stellenweise zu einem einfachen Steig wird, zu erreichen. Die Route beginnt im Dorfzentrum von Leogang, wir haben jedoch einen (Geheim-)Tipp bekommen: Es gibt einen kleinen Wander-Parkplatz in Mitterbrand, von dem aus man sich die ersten Höhenmeter per Auto erfahren kann um dann nach ungefähr einem Drittel der Strecke wieder auf den eigentlichen Wanderweg zu kommen. Die Starthilfe gönnen wir uns. Der Parkplatz ist wirklich klein, aber wir erhaschen noch einen der letzten beiden freien Plätze.
Die Wanderung führt meistens durch Schatten spendenden Wald, der sich nach ungefähr der Hälfte der Strecke öffnet und den Blick hinunter nach Leogang und die dahinter liegenden Berge freigibt. Wir laufen über Felder mit grasenden Kühen, durch blühende Blumenwiesen und nach gut eineinhalb Stunden taucht dann die Lettlkaser Alm auf.
Ein Geheimtipp für die Alm: die Brotzeit-Brezn und die selbstgebackenen Kuchen. Wir suchen uns einen Felsen oberhalb der Almhütte, essen dort unsere Brotzeit und genießen den Blick hinunter in’s Tal.
Zurück geht es dann wieder über den gleichen Weg. Auf dem Rückweg machen wir uns schon mal Gedanken, was wir mit dem Rest des Tages noch so anfangen könnten
Die Zeiten sind gerade günstig für nächtliche Ausflüge zum Fotografieren der Milchstraße. Brauchen wir nur noch einen Ort mit einer schönen Aussicht nach Südosten, wenig Umgebungslicht und ohne Strommasten in der Nähe. Um solch einen Ort bei Tageslicht zu finden fahren wir die Passstraße Richtung Hochkönig. Um es gleich vorweg zu nehmen: Wir werden keinen geeigneten Platz finden. Dafür finden wir noch die Stegmoosalm, die von der Hochkönigstraße mit einer kurzen Wanderung (100 Hm) in einer guten dreiviertel Stunde zu erreichen ist.
Es ist schon relativ spät am Tag, die Sonne steht entsprechend tief und taucht das Massiv des Hochkönigs in ein warmes Licht. Wir laufen auf den Hochkönig zu und genießen die Kontraste zwischen dem Blau des Himmels, dem frühlingshaften hellgrün der Bäume und Wiesen und dem weiß / grau des Felsens. Immer mal wieder verschwindet die Sonne kurz hinter den wenigen Wolken, sobald sie wieder auftaucht erstrahlen die Blumenwiese wieder in allen möglichen Farben. Auf dem Weg hoch zur Alm treffen wir nur wenige Menschen und so genießen wir die Ruhe und die Ausblicke. Oben auf der Alm setzen wir uns kurz auf die Wiese, genießen den Moment und das Panorama. Und als die Sonne fast schon hinter’m Berg verschwindet machen wir uns wieder auf den Weg zurück zum Auto.
Wieder im Apartment genießen wir vom Balkon aus noch den Blick auf den Gletscher des Kitzsteinhorn, der im letzten Licht des Tages noch ein wenig angestrahlt wird und schmieden Pläne für den nächsten Tag.
Tag 2: Großglockner Hochalpenstraße und Steinalm
Ende letzten Jahres haben wir ein paar Tage in der Zentralschweiz verbracht und haben uns die kurvigen Passstraßen rund um Andermatt etwas genauer angesehen. Es war einfach super, Straßen wie den Furkapass, den Nufenenpass oder (unser Favorit) den Sustenpass nicht nur auf Bildern zu sehen sondern live zu erleben. Entsprechend hoch waren deswegen auch unsere Erwartungen an die Großglockner Hochalpenstraße. Viele Kurven, viele Höhenmeter, schöne Ausblicke … und dazu gab’s noch: lauten Motorenlärm, volle Parkplätze und stellenweise hektischen Verkehr.
Landschaftlich durchaus beeindruckend, stellenweise aber etwas ernüchternd (z.B. wieder einmal die Folgen der Klimaerwärmung, gut sichtbar an einem immer kleiner werdenden Gletscher unterhalb des Großglockners) war es ein Erlebnis das schön war, aber durch den ganzen Verkehr und den Lärm konnte die Bergwelt nicht so richtig wirken. Da waren uns die Schweizer Passstraßen doch besser in Erinnerung geblieben (vor allem der Sustenpass, früh an einem Sonntag morgen)
Nach dem Trubel am Großglockner steht uns der Sinn wieder eher nach etwas Ruhigem für den Nachmittag. Die Steinalm wurde uns an’s Herz gelegt. Direkt am Ortsrand von Saalfelden ging der Weg los und in knapp einer Stunde liefen wir die 430 hm hoch zu Alm, die wunderschön am Rand des Steinernen Meers liegt. Auch hier wieder bunte Wiesen mit Bergblumen, es war nur das Rauschen des Winds zu hören (klingt jetzt kitschig, war aber wirklich so) und es verirrten sich nur ein paar Menschen hier hoch.
Am Runterweg war es schon etwas später, die Grillen haben schon begonnen zu Zirpen und eine Blindschleiche, die sich auf einem Sonnenfleck mitten im Wanderpfad noch kurz an den letzten Sonnenstrahlen für die Nacht etwas aufwärmen wollte zog es dann doch vor sich in’s Gebüsch zu verziehen als sie unsere näher kommenden Schritte gespürt hatte.
Der Abend endete, wie auch schon der davor: Auf unserem Balkon mit Blick auf’s Kitzsteinhorn
Nacht 2: Die Milchstraße
Da war ja noch was mit der Milchstraße. „Den“ Milchstraßen-Spot schlechthin haben wir ja nicht gefunden. Aber unsere Unterkunft lag so praktisch, dass man eigentlich nur auf die nächste Wiese laufen musste und schon ein super Panorama mit Berg und Milchstraße hat. Als es dunkel wurde, zogen noch Gewitter über den Ort. Wir musstrauten deswegen der Wettervorhersage ein wenig, die für die Nacht einen sternenklaren Himmel vorhergesagt hat. Aber, sie sollte recht behalten. Pünktlich zum Aufgang der Milchstraße verzogen sich die Wolken, sodass nur noch an den Bergen einige Wolkenfetzen hielten. Das Glück meinte es in dieser Nacht wohl auch besonders gut mit uns: In einem der Bilder blitzt eine kleine Sternschnuppe auf. Stellt sich uns die Frage, ob man sich von nun an immer etwas wünschen darf (und was dann auch in Erfüllung geht), wenn wir uns dieses Bild anschauen… Wir werden diesmal empirisch überprüfen.
Tag 3: Spielberg Almen und Krimmler Wasserfälle
Nach der etwas kurzen Nacht haben wir uns heute für eine gemütlichere Wanderung entschieden. Zu den Spielbergalmen gibt es einen entspannten Rundweg mit ein paar 100 Höhenmetern und gut drei Stunden Länge. Die Wanderung beginnt beim Schaubergwerk in Leogang. Hoch und Runter geht’s zügig auf einem Schotterweg, oben auf der Alm wird der Weg teilweise zu einem schmalen Pfad der querfeldein über Wiesen verläuft. Auf dem Hochweg werden wir von ein paar Traktoren überholt, die ihr Vieh im Anhänger auf die Weiden fahren. Almauftrieb auf die moderne Art und Weise. Vereinzelt stehen Hütten über die Alm verteilt. Im oberen Teil der Wanderung herrscht dann aber wieder die Natur vor. Mit unberührten Blumenwiesen, zahlreichen kleinen Bächen die nach dem Regen der Nacht über die Wiesen laufen und sogar mutmaßlich Murmeltieren.
Als wir am Vortag an einem Werbeplakat für die Krimmler Wasserfälle vorbei gefahren sind hatten wir uns noch ein wenig gewundert, dass diese in Zell am See, gut 60 km davon entfernt, schon beworben werden. Heute sind wir froh, dass wir das Plakat entdeckt hatten. Und so nutzen wir die Chance, in Covid-Zeiten die Wasserfälle ohne große Menschenmassen zu erkunden. Als wir vor einigen Jahren schon einmal dort gewesen sind, waren wir sichtlich beeindruckt von der Größe und den Wassermassen. Sowas kannten wir bis dato nur aus Norwegen.
Die Wetteraussichten für den Abend tragen sicherlich auch dazu bei, dass der Parkplatz annähernd leer ist. Es ist Starkregen angesagt, aber das verstärkt die Wasserfallstimmung ja nur noch. Haben wir uns so gedacht und sind losgelaufen. Es sind einige Höhenmeter, wenn man die Wasserfälle hinauf wandert, aber die unterschiedlichen Ausblicke auf den Wasserfall sind schlichtweg beeindruckend. Auf Aussichtsplattformen kann man dem herab stürzenden Wasser ganz nahe kommen. Selbst ohne Regen von oben bekommt man die Gischt zu spüren. Als wir oben angekommen sind, sind die Wolken schon merklich dunkler geworden. Oberhalb des Wasserfalls hat die Krimmler Ache sich ein schönes Tal gegraben bevor sie über die Wasserfälle in’s Tal stürzt. Kitschigerweise würde man solch ein Tal wohl als „wildromantisch“ bezeichnen. Und wir sind seinem Charme auch ein wenig verfallen … ignorieren die dunkler werdenden Wolken und wandern noch ein ganzes Stück hinein.
Erst als die Wolken schon ziemlich dunkel sind und wir aus der Ferne leichten Donner vernehmen, sind wir dann doch überzeugt davon, dass es besser ist umzukehren. Mittlerweile sind nicht mehr viele Wanderer unterwegs, die letzten sind uns schon vor einiger Zeit entgegen gekommen, als wir noch in das Tal hinein gewandert sind. Der Regen wird stärker und wir kommen wieder am oberen Ende der Wasserfälle an. Da wir durch den Regen nun eh schon mehr oder weniger durchnässt sind, brauchen wir uns auch nicht mehr zu beeilen um noch irgendwie einigermaßen trocken unten anzukommen. Und so genießen wir es, ganz alleine an den Wasserfällen zu sein, die durch den Regen nochmals an Mächtigkeit zugenommen haben. Das Tosen ist nochmals etwas lauter geworden, die Gischt stärker und passend zur Dramatik des Moments die Wolken noch dunkler. Nur der Donner, der hat sich mittlerweile wieder verzogen. Klatschnass kommen wir viel später als geplant unten am Fuß der Wasserfälle an und sind so froh, dass wir noch hierher gekommen sind. Als wir den Parkplatz erreichen ist unser Auto das einzige, das noch im strömenden Regen steht.
Tag 4: Ramsau und Königsee
Der letzte Tag ist angebrochen. Leider müssen wir unsere Sachen schon wieder Packen und uns auf den Heimweg machen. Nachdem der direkte Weg meistens nicht der spannendste ist, fahren wir noch einen kleinen Umweg Richtung Berchtesgaden. Im Blick: Ein Abstecher zum Königsee, eine kleine Wanderung rund um den Hintersee inklusive Zauberwald und ein kurzer Stopp in Au. Auch hier spielt uns das leicht verregnete Wetter in die Karten. Ist diese Gegend zu „normalen“ Zeiten und bei „normalem“ Sommerwetter meist ziemlich überlaufen, ist heute alles eine Ecke ruhiger, gemütlicher, gedämpfter. Lediglich am Hintersee stehen junge Menschen in bunten Outdoor-Klamotten balancierend auf Baumstämmen im Wasser bei dem Versuch ein möglichst authentisches Selfie von sich zu machen und dabei den kleinen Hund nicht aus den Augen zu verlieren, der (meist angeleint) am Ufer schon ungeduldig wartet bis Herrchen / Frauchen das Bild im Kasten, respektive Smartphone hat. Am Ufer warten schon die nächsten bis der Baumstamm endlich wieder frei wird.
Die Gegend hier ist wunderschön, was ihr leider auch schon hin und wieder zum Verhängnis geworden. Gut, dass es heute regnet …